Untersuchungshaft:

Untersuchungshaft ist ein ständiges Thema in jeder Strafrechtskanzlei. Kein Wunder: Die Untersuchungshaft gehört zu den einschneidendsten Maßnahmen, die im Ermittlungsverfahren ergriffen werden können. Stellen Sie sich für einen Augenblick vor, Sie müssten für vier Monate Haft verbüßen, ehe sich Ihre Unschuld herausstellt. Im schlimmsten Fall haben Sie während dieser Zeit ihre Arbeitsstelle verloren, Ihr Ehepartner hat Zweifel an dem, was Sie sagen, Ihre Kinder werden in der Schule diskriminiert - und wenn Sie schließlich aus der Haft entlassen werden, stehen Sie vor den Trümmern Ihrer Existenz.

Gerade, weil es sich aber um so ein komplexes Thema handelt, gilt es erst recht, im Falle einer Verhaftung einen kühlen Kopf zu bewahren. Ihr Verteidiger sollte Ihnen helfen, den Fall in Ruhe zu analysieren. Dafür ist zunächst einmal wichtig, sich gemeinsam zu vergegenwärtigen, was die Voraussetzungen der Untersuchungshaft sind

Zunächst einmal darf die Untersuchungshaft nur angeordnet werden, wenn ein sogenannter dringender Tatverdacht besteht: Was im Einzelnen unter "dringendem Tatverdacht" zu verstehen ist, wurde dutzendfach in vielen gelehrten Abhandlungen diskutiert. Vereinfacht ausgedrückt ist es die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Verdächtige auch der Täter ist. Wenn Sie sich in einer Untersuchungshaftsache gegen den dringenden Tatverdacht zur Wehr setzen wollen, müssen Sie also Gründe aufzeigen, die dafür sprechen, dass entweder gar keine Straftat begangen worden ist, oder auch andere Täter in Betracht kommen. Das klingt einfach, aber gerade hier ist Vorsicht geboten: Sie können sich nämlich nur dann sinnvoll gegen einen Verdacht verteidigen, wenn Sie wissen, woher dieser stammt. Eine Einlassung zum dringenden Tatverdacht ist daher nur sinnvoll, wenn Sie beziehungsweise Ihr Verteidiger Akteneinsicht genommen und das Belastungsmaterial analysiert hat. Natürlich geht das gegen Ihren ersten Impuls, die Dinge "richtig stellen" zu wollen. Trotzdem kann ich vor übereilten Stellungnahmen angesichts einer drohenden Untersuchungshaft nur warnen. Im Zweifel sollten Sie sich vergegenwärtigen, dass der Rat der beste ist, der darauf abzielt, zunächst die Ursachen des Problems zu erkennen.

Zusätzlich zum dringenden Tatverdacht muss ein sogenannter Haftgrund bestehen. Hier ist es für die Verteidigung oftmals einfacher, anzusetzen. Das Gesetz kennt im Wesentlichen vier Haftgründe: die Fluchtgefahr, die Verdunkelungsgefahr, die Wiederholungsgefahr und die Schwerkriminalität.

Am häufigsten ist in der Praxis der Haftgrund der sogenannten Fluchtgefahr. Fluchtgefahr liegt dann vor, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass der Verdächtige sich dem Verfahren entziehen, also insbesondere nicht zu einer Hauptverhandlung erscheinen wird, größer ist, als die Wahrscheinlichkeit, dass er sich dem Verfahren stellen wird. Um sich gegen die Annahme der Fluchtgefahr zu verteidigen, reicht es natürlich nicht, zu versprechen, dass man sich auf jeden Fall zur Hauptverhandlung einfinden werde. Worte sind Schall und Rauch. Statt dessen muss eine Verteidigung auf die Gründe hinweisen, die gegen eine Flucht sprechen: Soziale Bindungen sind hier ebenso ein Argument, wie ein bestehendes Arbeitsverhältnis. Unter Umständen kann die Fluchtgefahr auch durch eine Auflage, sich wöchentlich bei der Polizei zu melden, beseitigt werden, möglicherweise auch durch das Stellen einer Kaution.

Der nächste wichtige Haftgrund ist die Verdunkelungsgefahr. Diese ist gegeben, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Verdächtige unzulässig auf das Beweisergebnis einwirken würde, also Unterlagen verfälscht, Zeugen einschüchtert etc. Hier bietet sich für eine engagierte Verteidigung eine Reihe von Möglichkeiten, die Verdunkelungsgefahr auszuräumen, über die Sie unbedingt mit Ihrem Verteidiger sprechen sollten.

Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr ist seltener und betrifft oftmals Täter, die wiederholt mit den Strafverfolgungsbehörden zu tun hatten. Er wird allerdings mitunter schematisch in den Haftbefehl aufgenommen, um diesen "beschwerdesicher" zu machen. Dann ist es natürlich Aufgabe der Verteidigung, darauf hinzuweisen, dass diese Wiederholungsgefahr wenn überhaupt, dann nur in der Phantasie der Strafverfolgungsbehörden besteht.

Der Haftgrund der Schwerkriminalität kann dann gegeben sein, wenn das Verfahren auf Mord, Totschlag, Völkermord oder ähnlich gewichtige Verbrechen gerichtet ist. Wenn Sie sich mit einer solchen Beschuldigung konfrontiert sehen, dürfte oftmals die Untersuchungshaft noch das kleinere ihrer Probleme sein. Natürlich sollten Sie auch hier auf eine sorgfältige Analyse der Situation mit Ihrem Verteidiger nicht verzichten.

Wie gesagt, das Thema "Untersuchungshaft" gehört zu den ständigen Herausforderungen an einen Strafverteidiger und ich bin natürlich gern bereit, Sie in dieser kritischen Frage zu unterstützen. Lassen Sie uns sehen, welche Möglichkeiten Ihr konkreter Fall für eine erfolgreiche Haftverteidigung bietet.